Der böse Zwilling des Placebos: Was der Nocebo-Effekt mit uns macht

Der Placebo-Effekt ist allgemein bekannt: Es entsteht eine positive Wirkung, obwohl diese nicht eintreten sollte. So kann beispielsweise der Traubenzucker, den man eingenommen hat, Kopfschmerzen lindern, weil man dachte, es sei eine Kopfschmerztablette.

Der Nocebo-Effekt stellt das genaue Gegenteil dar.

Es entsteht eine negative Auswirkung, obwohl diese eigentlich nicht auftreten sollte. Die Hauptursache sind in der Regel Worte oder Aussagen mit psychologischer Wirkung.

In den Bereichen Medizin und Physiotherapie/medizinischer Trainingstherapie, ist das Problem des Nocebo-Effekts allgegenwärtig!

„Mach diese Bewegung nicht, das schadet deinen Gelenken!“

„Nicht bücken, sonst platzt die Bandscheibe!“

„Hebe nicht mehr als 5 kg!“


Solche Aussagen können bei Patienten massive Ängste auslösen, die sie in ein sogenanntes „Angst-Vermeidungsverhalten“ führen. Aktivitäten, die sie vielleicht immer gerne gemacht haben, trauen sie sich nicht mehr zu. Die Folge: ein spürbarer Verlust an Lebensqualität. Oft basieren solche abschreckenden Aussagen nicht einmal auf wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen – sondern auf überholten Vorstellungen oder Missverständnissen. Sie können mehr schaden als nützen.

Dabei gilt besonders in der Physiotherapie: Bewegung ist Medizin. Und Angst bremst Heilung.

Deshalb ist nicht nur die Auswahl der richtigen Übungen entscheidend – sondern auch, wie wir über Bewegung, Schmerz und Gesundheit sprechen.

Eine klare, ermutigende Kommunikation auf Augenhöhe kann motivieren, Vertrauen schaffen und den Heilungsverlauf nachhaltig verbessern.

  • Aufklärung statt Abschreckung: Patienten wird verständlich erklärt, warum Bewegung wichtig ist – auch (und gerade) bei Schmerzen.
  • Förderung von Selbstwirksamkeit: Patienten werden aktiv eingebunden und ermutigt, wieder Vertrauen in ihren Körper zu entwickeln.
  • Evidenzbasierte Kommunikation: Aussagen beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen – nicht auf Mythen oder Verboten.
  • Einfühlungsvermögen zeigen: Zuhören, Ängste ernst nehmen – und durch Sprache gezielt Entlastung schaffen.